Aktions-Bücher der Aeternisten

 

 

 

 

 

 

Ferdinand Hardekopf

Lesestücke

 

 

 

 

 

 

Berlin-Wilmersdorf 1916
Verlag der Wochenschrift DIE AKTION (Franz Pfemfert)

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

. . . Immerhin lege ich spielerischen Wert aufdas Faktum, daß ich gestorben bin. Dies fielmit der Morgenröte der großen Zeit zusammen.Somit sieht man sich hier allerdings einem Spukgegenüber. Aber solche Phänomene sind häufig,jedes ehrliche Gespenst schreibt seine mémoiresd’outre-tombe, und alles kommt nur auf die Vitalitätder Abgeschiedenen an. Da der Selbstmordals Symptom pedantischer Lebensgier entlarvtist, so wird man begreifen, daß in diesem Fallenur Genußsucht das Motiv sein konnte. Schonbei sogenannten Lebzeiten habe ich mich niegern langweilen wollen. Den Abgezogenheitengab ich meine Vorliebe vor „realen“ Details.Höchstens bewog philologischer Sammeleifer zurtemporären Erduldung jener Beanspruchungenfür die man das infame Wort „Liebe“ verabredethat. Schnell rettete ich mich ins Café. Dort erwuchseinigen der sehr erwünschte Zustand der„décadence“: unsere beste Beute. Die Antwortdes Iren George Moore auf die Frage wie dieKunst zu fördern sei: „Durch Gründung vonCafés“, bleibt mir aus der Seele gesprochen.Aber diese Einsicht, so beweisbar, ist unzeitgemäß.Leider muß ich fürchten, daß die Antipathiegegen sie schlecht stilisiert sein wird.Wir Gespenster sind Enthusiasten des Stils, undvielleicht glauben wir an unsere Renaissance ausden Anspannungen der Formung. Es war derDichter einer entschwundenen Mentalität: Goethe,der das „Stirb und werde!“ in den West-östlichenDivan diktiert hat.

F. H.

Wir Gespenster

(Leichtes Extravagantenlied)

Wir haben all unsere Lüste vergessen,

In Cinémas suchen wir Grauen zu fressen;

Erleuchtete Tore locken uns sehr,

Doch die Angst ist gering — wir brauchen viel mehr.

Als Knaben sind wir ins Theater gegangen,

Nach gelben Actricen ging unser Verlangen;

Nur Herr Kerr geht noch hin, gegen Wunder geimpft,

Der Bürger, der Nietzsche und Strindberg beschimpft.

Für Haeckel-Vergnügungen dankten wir bestens,

Da flohen wir zitternd ins Café des Westens

Zu heiligen Frauen. Es gibt auch Hyänen,

Die scharren nach goldenen Löwenmähnen.

Aus der Welt Dostojewskis sind wir hinterblieben:

Gespenster, die Lautrec und Verzweiflung lieben.

Wir haben nichts mehr, was einst wir besessen,

In Cinémas suchen wir Grauen zu fressen.

Der Unterprimaner

...

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