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Der Todesgruß der Legionen

Zeit-Roman

von

Gregor Samarow.

Dritter Band.

Berlin, 1874.

Druck und Verlag von Otto Janke.

Erstes Capitel.

Der Kaiser Napoleon ging in heftiger Bewegung in seinem Cabinet aufund nieder; die krankhafte Abgespanntheit, welche sonst auf seinemGesicht zu liegen pflegte, war verschwunden, an deren Stelle war einelebhafte Aufregung getreten, seine Lippen zuckten, seine Augen blicktenunruhig hin und her, und sein sonst so wohl geordneter Bart war durchdas Spiel seiner zitternden Finger aus der Ordnung gebracht.

Auf seinem Schreibtisch lag eine große Anzahl von Telegrammen übereinander geworfen. Er hielt eine Photographie in Cabinetformat in derHand, die er, von Zeit zu Zeit stehen bleibend, aufmerksam betrachtete.

„Welch eine Anhäufung von Unruhe und Aufregung,“ sagte er mit einemtiefem Athemzug, „die Erwartung wegen des Ausfalls des Plebiscits wäreallein genügend, um mich in Spannung und in diese so schmerzvolleNervenerregung zu versetzen, — da muß noch dieses Complott hinzutreten,das mir vor zehn Jahren gleichgültig gewesen wäre, das mir auch heutegleichgültig ist, so weit es sich dabei um die Gefahr für mein Lebenhandelt, — diesem Complott aber liegt eine größere Gefahr zu Grunde. MeinTod ist nur ein Theil des Plans, den man hier verfolgt, und soabenteuerlich und thöricht diese Absicht der Zerstörung der Tuilerienund der öffentlichen Gebäude im ersten Augenblick erscheinen mag, soliegt darin doch eine tiefe Kenntniß der so scharf concentrirtenZustände. Würde der Streich gelungen sein, so gehörte ganz Frankreichdem Aufstande. Und,“ sprach er dumpf, vor sich hin starrend, „bin ichdenn schon sicher, daß er nicht gelingen wird, bin ich sicher, daß washeute verhindert ist, sich nicht morgen wiederholen kann.“

Er blickte lange auf die Photographie, welche er in seiner Hand hieltund prüfte genau mit scharfem forschendem Blick die Züge des Bildes.

„Dieser Mensch,“ sagte er dann, „ist kein Fanatiker, — das ist keinexaltirter Kopf, der aus überspannten Theorien in dem Gedanken sich füreine große Idee zu opfern, zum Mörder wird, — dies Gesicht ist gemein undgleichgültig. Dieser Mensch ist einfach ein Werkzeug — und wenn erunschädlich gemacht wird, kann man Werkzeuge wie ihn überallwiederfinden, — und man wird sie wiederfinden, wenn dieser Zustanddumpfer Gährung weiter besteht, wenn die allgemeine Unzufriedenheit,wenn das allgemeine Gefühl der Erniedrigung Frankreichs, das in der Thatin diesem Augenblick die öffentliche Stimmung beherrscht, den tollkühnenUnternehmungen der Verschwörer zu Hülfe kommt. Haben nicht vielleichtDiejenigen doch Recht,“ sagte er in tiefem Gedanken, „welche mir rathen,durch eine militairische Aktion das Gefühl der Nation wieder mit demKaiserthum zu verbinden.“

Er warf die Photographie auf den Tisch und ging die Hände auf den Rückengelegt, den Kopf tief auf die Brust gesenkt mehrere Male langsam imZimmer auf und nieder.

„Eine glänzende Action,“ sagte er dann — „ja — aber wenn sie nichtglänzend wäre — wenn das launenhafte Glück nicht über meinen Fahnenschwebte — was dann? Dann würde all das Unheil, welches jetzt unter derOberfläche glimmt, in hellen Flammen emporlodern, und diese Flammenwürden über den Trümmern meines Gebäudes zusammenschlagen — warum abersoll das Glück sich von mir wenden?“ rief er dann stehen bleibend undden aufleuchtenden Blick seines großen geöffn

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