DER ABEND
EIN KLEINES GESPRÄCH
VON
FERDINAND HARDEKOPF

1913
KURT WOLFF VERLAG • LEIPZIG

Dies Buch wurde
gedruckt im Mal 1913 als vierter
Band der Bücherei „Der jüngste Tag“ bei
Poeschel & Trepte in Leipzig

COPYRIGHT BY KURT WOLFF VERLAG, LEIPZIG 1913

FÜR
LUDWIG RUBINER

 

Ostap und Germaine
überschreiten die Schwelle des Hotelzimmers. Der Herr,der sie bis dahin geleitet hatte, nach einer Verbeugung,zieht sich zurück. Kaum sind sie allein, so fliegt Germaineschräg an Ostaps Brust. Germaine ist 25 Jahre alt.Ostap ist 30 Jahre alt.

Ostap:

In diesem Zimmer sind die Teppiche rot und tief.Es ist Abend. Hier ist es warm. Das Hotel hat Zentralheizung.Draußen regnet es stark. Das Gepäckist schon da. Du hast alle deine Parfüms. Du hastdeine Bücher. Du hast deine Bilder. Und die Madonnen.

Du wirst deine Knöchel nicht mehr verletzen,wenn du steile Treppen hinaufrennst . . .Warum ranntest du immer so die Treppen hinauf?. . . Mein Kind, vielleicht magst du sehr lange ausruhen.Wir fahren nicht mehr auf der Eisenbahn.Kaffee, Brötchen, Zigaretten kommen ans Bett. Dieelektrische Leselampe kommt ans Bett. In diesemSpiegel — —

Germaine:

Ich bin soweit. . . Bei mir geht das rasch . . .Ein Korsett trug ich zuletzt in . . . Krakau. MeineKleider saßen viel besser. Sie saßen besser an. Aberjetzt trage ich keins mehr. Bei dir habe ich es gut.Ich brauche auch meine Haare nicht zu brennen.Ich darf sie glatt tragen. Du schickst mich nichthinaus. Aber wenn du willst, will ich sofort in denRegen hinausgehen.

Ostap:

Nein . . . Ich denke daran, wie mißtrauisch gegenmich Madame Chantavoine war, als ich am erstenAbend in euer Haus kam, Rue St. Fiacre im zweitenArrondissement. Ihr stecktet alle in roten Kleidern.Ich empfand: daß alle Mädchen, die es noch gebenwürde, rote Kleider tragen würden. Wir sprachenzusammen. Aber wie ich aufstand, da trat Madamesehr schnell vor dich hin und hielt dich zurück. ImAtrium sah ich noch, durch einen hellen Streif, dieletzte Welle deines roten Kleides . . . Man schobmich hinaus. An der Tür murmelte die Conciergeverächtlich: ich sei ja schon aus vielen Häusernhinausgeworfen worden.

Germaine:

Niemand soll Böses zu dir sagen! . . . Aber dukamst wieder. Du benahmst dich geschickt. Und alsich dich mit aufs Zimmer hinaufnehmen durfte —

Ostap:

. . . da verlangtest du zehn Franks von mir, Geliebte.Soviel wollte ich dir nicht geben. Schließlichsagtest du: „Mein Herr, Sie werden mir sovielgeben, wie ich Ihnen wert gewesen sein werde.“Das tat ich.

Germaine:

War ich zehn Franks wert?

Ostap:

...

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