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Leo Tolstoi
Drama in vier Aufzügen
Aus demRussischen übertragen und eingeleitet
von Adolf Heß
Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig
Alle Rechte vorbehalten.
Den Bühnen und Vereinen gegenüber als Manuskript gedruckt.Das Recht der Aufführung ist allein durch Oesterheld & Co.,Berlin W. 15 (Abteilung für Bühnenvertrieb) zu erwerben.
Berlin-Charlottenburg, Juni 1912.
Adolf Heß.
Druck von Philipp Reclam jun. Leipzig
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In Tolstois Nachlaß fanden sich neben den erzählendenSchriften zwei größere dramatische Werke vor; das vollendete:»Der lebende Leichnam«[1] und das unvollendete:»Das Licht leuchtet in der Finsternis …« Der Titel diesesletzteren Dramas ist dem Evangelium Johannis Kap. I,Vers 5 entnommen und erhält seinen vollen Sinn durchdie zweite Hälfte des Verses: »und die Finsternis hat essich nicht zu eigen gemacht.«
[1] Deutsch von Fred M. Balte, Uni.-Bibl. Nr. 5364; von AdolfHeß im Verlage von Schulze & Co., Leipzig.
Das Drama umfaßt fünf Aufzüge, deren letzter nurskizziert, nicht ausgeführt ist. Die gründlichste Bearbeitung hatder erste Aufzug erfahren. Begonnen wurde das Werk in denachtziger Jahren; weitergeführt wurde es in den neunziger.Das ist vorläufig alles, was wir über die Entstehung wissen.Wenn einmal der gesamte Nachlaß Tolstois, besonders dieTagebücher, veröffentlicht sein werden, die uns infolge bekannterunglücklicher Verhältnisse noch immer nicht zugänglichsind, werden wir Näheres auch über diese Arbeiterfahren, von deren Existenz bei Lebzeiten des Dichters selbstseine nähere Umgebung nichts wußte.
Tolstoi behandelt in diesem Werk – und das erklärtvieles – in bisweilen autobiographischer Form die Kämpfe,die er in seiner Familie durchzufechten hatte; die Zweifel,die ihn überkamen, als er die Wirkung seiner Gedankenauf seine Umgebung beobachtete; den Widerstand, dem erbeim Umsetzen der Gedanken in die Tat begegnete, und die[4]Konflikte, die zwischen idealen Bestrebungen und dem realenLeben überall zutage treten.
Der wohlhabende russische Gutsbesitzer Sarynzew, dernach dem Evangelium leben, seine Habe an die Armenverteilen, seine Nächsten wie sich selbst lieben will; der dasChristentum nicht als schöne Gedankenrichtung, sondern alspraktische Lebensweisheit auffaßt; der die Kirche als schadenbringendeInstitution verwirft und der Obrigkeit den Gehorsamkündigt – dieser Sarynzew ist Tolstoi selbst. Wirwissen, wie Tolstoi sich bemüht hat, als echter Christ zuleben, wie er gleich Sarynzew seine Habe den Armen gebenwollte und, als ihm das nicht gelang, die Besitzung aufden Namen seiner Frau überschreiben ließ; wie er auf demF