Fräulein Julie

 

Naturalistisches Trauerspiel

von

August Strindberg

 

Aus dem Schwedischen
von

E. Brausewetter

 

Autorisierte deutsche Ausgabe

 
 


Leipzig

Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.

 
 

Alle Rechte vorbehalten.
Den Bühnen und Vereinen gegenüber als Manuskript gedruckt.
Das Aufführungsrecht ist von der Firma Kühling &Güttner
Berlin W. 56, Markgrafenstraße 53, zu erwerben.

 
 

Von Strindberg erschien in der Universal-Bibliothek:

Nr. 2489. Der Vater. Trauerspiel in drei Aufzügen.
Nr. 4103. Gläubiger. Tragikomödie in einem Aufzug.
Nr. 5126. Kameraden. Komödie in zwei Aufzügen.
Nr. 5514. Meister Olaf. Schauspiel in fünf Aufzügen.

3

Vorwort.


Das Theater ist mir schon lange, gleichwie die Kunst überhaupt, wieeine Biblia pauperum erschienen, eine Bibelin Bildern für diejenigen, welche nicht Gedrucktes oder Geschriebeneslesen können, und der Theaterschriftsteller wie ein Laienpriester,welcher die Gedanken der Zeit in populärer Form kolportiert, so populär,daß die Mittelklasse, welche hauptsächlich das Theater füllt, ohne vielKopfzerbrechen fassen kann, worum es sich handelt. Das Theater ist daherimmer eine Volksschule für die Jugend, die Halbgebildeten und die Frauengewesen, welche noch das Vermögen zurückbehalten haben, sich selbst zutäuschen und sich täuschen lassen, das heißt die Illusion zu bekommen,vom Verfasser die Suggestion zu empfangen. Es ist mir daher in unsererZeit, da das rudimentäre, unvollständige Denken, welches sich durch diePhantasie vollzieht, sich zur Reflexion, zur Untersuchung und Prüfung zuentwickeln scheint, so vorgekommen, als wenn das Theater, gleichwie dieReligion, auf dem Wege wäre, sich gleich einer aussterbenden Formhinzubetten, zu deren Genuß uns die erforderlichen Voraussetzungenfehlen. Für diese Annahme spricht die durchgehende Theaterkrisis, welchejetzt in ganz Europa herrscht, und nicht zum wenigsten der Umstand, daßin den Kulturländern, welche die größten Denker der Gegenwarthervorbringen, nämlich England und Deutschland, die Dramatik tot ist,gleichwie größtenteils die andern schönen Künste.

In andern Ländern wieder hat man geglaubt sich ein neues Dramaschaffen zu können, indem man die alten Formen mit dem Gehalt derneueren Zeit erfüllte; aber teils haben die neuen Gedanken noch nichtZeit gehabt, populär zu werden, sodaß das4Publikum den Verstand besäße zu erfassen, worum es sich handelt, teilshaben Parteistreitigkeiten die Gemüter erregt, sodaß ein rein objektiverGenuß nicht hat eintreten können, da man sich hier in seinem Innerstenwidersprochen sah und dort eine applaudierende oder zischende Majoritätihren Druck so öffentlich ausübte, als es in einem Theatersaal möglichist, teils hat man nicht die neue Form für den neuen Gehalt gefunden,sodaß der neue Wein die alten Flaschen gesprengt hat.

In dem vorliegenden Drama habe ich nicht versucht etwasNeues zu bringen — denn das kann man nicht —sondern nur die Form gemäß den Forderungen zu modernisieren, welche,nach meiner Meinung, die neuen Menschen unserer Zeit an diese Kunststellen sollten. Und zu diesem Zwecke habe ich gewählt oder michergreifen lassen von einem Motiv, von welchem man sagen kann, es liegtaußerhalb der Parteikämpfe des Tages, da ja das Problem vom socialenSteigen oder Fallen, von Höherem und Niedrigerem, Besserem oderSchlech

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