E-text prepared by Hubert Kennedy

DER SCHWIMMER

Die Geschichte einer Leidenschaft

Roman von

JOHN HENRY MACKAY

Meiner geliebten Kunst—des Schwimmens—gewidmet…

Erster Teil

1

Wann er schwimmen gelernt hatte?—Man hätte ihn ebensogut fragenkönnen, wie und wann er gehen gelernt habe.

Er wußte nicht mehr, wann er das erstemal ins Wasser gegangen war;aber seine ersten Kindheitserinnerungen waren mit dem Wasserverknüpft, das sein Element war und in dem er lag, wie er auf derErde ging.

Er war ein geborener Schwimmer.

2

Er hieß Franz Felder und war der Sohn sehr braver und sehr armerEltern in Berlin O, der fünfte unter achten. Alle waren es stämmigeKerle mit dunklen Haaren und klaren Augen, und beide Eltern hattenvollauf zu tun, die hungrigen Mäuler vom Morgen bis zum Abend zustopfen, von denen mindestens eines immer nach einer Stulleaufgesperrt war. Sie taten es redlich und gern, und zu hungernbrauchte keines. Aber damit war auch der Kreis ihrer elterlichenPflichten geschlossen, und sobald wie nur möglich blieben die Kindereinander und sich selbst überlassen und mußten sich mit durchs Lebenhelfen, so gut oder so schlecht, wie es eben ging.

Der Älteste lernte eben aus, als der kleine Franz geboren wurde, undnach diesem kamen dann noch drei, die—wie er vordem denvorhergegangenen älteren—so nun seiner Obhut mit anvertraut wurden,sobald er selbst auf den Füßen stehen konnte. Ohne viel Worte undohne jede Zärtlichkeit herrschte immer ein gutes Zusammenhaltenzwischen den Brüdern. Es äußerte sich hauptsächlich ebensowohl inderben Prügeleien, wie in solidarischem Durchhelfen bei allen kleinenund großen Fährlichkeiten ihrer im ganzen und großen rechtmühseligen, aber nicht unglücklichen Jugend.

3

Er hatte das Schwimmen nie "gelernt"; wenigstens konnte er schwimmen,solange er zurückzudenken vermochte, und das war etwa bis in seinviertes Jahr. Damals fiel er auf einer Landpartie, deren Höhepunkteine Kahnfahrt bildete, ins Wasser—die Frauen kreischten und dieMänner fluchten, während er herausgeholt wurde; aber ihm machte dieSache Spaß, und er lachte seelenvergnügt, so daß jemand sagte: "Derfällt uns gleich zu seinem eigenen Vergnügen nochmal hinein…"—wasdie entsetzte Mutter veranlaßte, ihren Franz für diesen Tagwenigstens nicht mehr von der Seite zu lassen.

Aber das war eine jener Erinnerungen, die nur deshalb so stark in unszu liegen scheinen, weil wiederholte Erzählungen anderer sie stürzenund halten.

In Wirklichkeit sah sich Franz Felder in seinen Gedankenzuerst als kleinen Jungen von fünf Jahren lange, lange, warmeSommernachmittagsstunden am Ufer der Spree bei Treptow. Seine Elternwohnten damals in zwei kleinen, heißen Zimmern in einem Hinterhauseder Fruchtstraße, aber der Vater hatte es zum großen Jubel der ganzenFamilie fertig gebracht, für den Sommer auf einem der Felder amTreptower Bahnhof eine der vielen "Lauben" zu mieten, und man hattenun ein winziges Stückchen Erde, auf dem man einige Kohlköpfe ziehenund zu dem man hinauspilgern konnte in dem stolzen Gefühl eigenenBesitztums.

Der Vater und der eine oder andere der älteren Brüder, die schonarbeiteten, kamen erst des Abends; aber die Mutter, welche kränkelte,verbrachte oft mit den Jüngsten ganze Tage auf dem reizlosen Fleck,wo sie wenigstens in freier Luft war.

Sooft er nur konnte, rückte Franz aus. Erst klagte und s

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