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Der Todesgruß der Legionen
Zeit-Roman
von
Gregor Samarow.
Zweiter Band.
Berlin, 1874.
Druck und Verlag von Otto Janke.
Erstes Capitel.
An demselben Abend befanden sich in dem Gartensalon des Hotels in derRue Mansart, welches der Regierungsrath Meding, der Vertreter des Königsvon Hannover bewohnte, zwei Personen im ernsten Gespräch.
Herr Meding saß in einem Lehnstuhl zur Seite des runden Tisches, überdessen Mitte vom Plafond eine große Lampe mit breitem, flachemGlasschirm herabhing, — ihm gegenüber lehnte in einer Chaiselongue,welche neben dem hellen Feuer eines jener altfranzösischen großen Kaminestand, der Graf von Chaudordy, der frühere Cabinetsrath unter Drouyn deL'huys, welcher jetzt als Minister plenipotentiaire zur Dispositiongestellt war, sich aber stets im regen Verkehr mit der politischen Weltbefand und eine neue Verwendung in der Diplomatie erwartete.
„Ich bedauere,“ sagte der Graf, „daß aus dem Project, Ihren emigrirtenLandsleuten eine Colonie in Algier zu gründen, Nichts werden soll. Manhat sich hier allgemein so lebhaft dafür interessirt, und den armenLeuten, welche nun doch einmal ihr Vaterland verloren haben, würde dortGelegenheit geboten worden sein, sich eine neue Existenz und vielleichteinen werthvollen Besitz zu schaffen; wir aber hätten durch so fleißigeund tüchtige Colonisten für die öconomische Verwaltung Algiers vielgewonnen.“
„Ich habe noch vor Kurzem,“ erwiderte Herr Meding, „mit dem Herrn Faré,dem Director im Ministerium der Finanzen, unter dem die algerischeVerwaltung steht, und welcher lange Zeit die Civiladministration bei demMarschall Mac Mahon geführt, ausführlich gesprochen — auch der Marschallselbst, mit dem ich darüber conferirte, war, obwohl er eigentlich dercivilen Colonisation Algeriens nicht besonders günstig ist, doch bereit,Alles für meine Landsleute zu thun, wozu er auch vom Kaiser noch ganzbesonders aufgefordert ist, — die Leute selbst wollen sehr gern nachAlgerien, allein Seine Majestät hat dennoch das Project definitiv wiederaufgegeben.“
„Ich begreife nicht warum,“ erwiderte der Graf von Chaudordy, „wenn derKönig daran denkt, jemals wieder für sein Recht unter irgend welchenConstellationen zu kämpfen, so muß er sich doch vor Allem diejenigenLeute erhalten, welche im Stande sind, ihm den Kern einer Armee zubilden, die er dann durch weitere Emigranten oder durch Werbungenergänzen könnte.“
„Es scheint,“ erwiderte Herr Meding, „daß im Lande Hannover selbst sehrfalsche Ideen über das Colonisationsproject verbreitet worden sind unddaß der König in Rücksicht auf die allgemeine Abneigung, welche sichdort gegen dasselbe kund giebt, davon wieder Abstand genommen hat. Ichbedauere sehr,“ fuhr er fort, „daß man unter diesen Verhältnissen dieSache überhaupt angeregt hat. Ich komme hier dem Kaiser und derRegierung gegenüber in eine eigenthümliche Lage. Ich habe dieVerhandlungen in Folge der vielfachen dringenden Depeschen des GrafenPlaten so energisch als möglich betrieben und nun, nachdem alleVerhältnisse schon fast geordnet waren, wird die Sache wieder aufgegebenund zwar — wie Graf Platen angiebt — weil die Aufstellung einerhannöverschen Armee auf dem algerischen Territorium nicht thunlich sei.Ich verstehe eigentlich nicht, was man damit meint — doch gleichviel, dieSache ist aufgegeben, die Emigration wird aufgelöst werden und damitist, wie ich glaube, die Sache des Königs und der Kampf für diesel