GEDENKREDE

AUF

WOLFGANG AMADE MOZART

VON

RICHARD BEER-HOFMANN

S. FISCHER, VERLAG, BERLIN
MDCCCCVI

GEDENKREDE
AUF WOLFGANG AMADE MOZART

Von hohen Bergen rinnt ein Wasser zu tiefenTälern hinab. Einem Gletschersee entstürzt es,wildstürmende Wasser aus seitlichen Tälern werfensich ihm zu, und in Sturz und Fall, von Talstufezu Talstufe schwellender und reicher, sucht es seinenWeg. Von Horten, die tief in ringsum starrendenBergen verborgen schlafen, tragen mündendeBäche ihm verräterische Kunde zu; und wer denSand seiner Ufer in hohler Hand faßt, dem gleiten,mit dem Sand zugleich, durch seine Finger:dunkles Erz und rotes Kupfer, grauer Kobalt unddas Gold und Silber des Rauris. Und wer seineHand in die Flut taucht – und wäre es selbstdort, wo sie schon zur Ebene hinabsteigt – derfühlt noch immer: Von hoch her kommt diesDrängen, das zu Meeren will; von Gletschern gespeist,uraltem Eise nah, springt helläugig dieserQuell – tief unter ihm sind die Dünste der Täler.

Von venetischen Küsten steigt eine Straße zuverschneiten Pässen der Tauern auf, und sucht dieHänge, wo Ambisontier und Alaunen die Stättenheiligen Salzes hüten. Saumtiere, mit Öl unddunklem Wein beladen, treten den Weg, derSchritt römischer Legionen stampft ihn breiter, undehe die alten Götter zur Ruhe gehen, leuchtet ihreheilige Nacktheit noch den Bergen.

Und dort wo die zwei sich treffen – der Stromvon den Firnen norischer Berge, und die Straßevom Meer und vom Süden her – ist eine Stadtgelagert. Dort wird Mozart geboren!

Musik ist um dies Kind, wenn es erwacht. Dieschweren Glocken vieler Kirchen, hell und dunkelwie Menschenstimmen bebend, und neben ihnenkleine Glocken, zu zierlichen Liedern gebündelt,im Glockenspiel der Residenz, und über allen –die Zeiten des Tages vom Berge grüßend – dasHornwerk der hohen Salzburg. Nichts Fremdesschwingt sich von dort oben zu ihm herab. Wasjetzt in Orgeltönen über den Bezirk der Stadthinhallt, war ehedem in seinem Vater, stummallen andern und nur diesem tönend. Nun klingtvon oben allen, Leopold Mozarts schäferlichesMenuett im May, ein Jagdlied im Herbstmonat,und im Hornung ein Fastnachtsstück. Und morgensund abends haben sie dort oben in mächtigenBälgen den Wind gefangen, und der wilde Frühwind,der die Bergnebel zerreißt, und die fächelndenAbendwinde, sie alle sind dienstbar der Musik!

Und wenn die Glocken dieser Stadt schweigen,rauschen ihre Wasser dem Knaben. Nicht bloßdie des marmornen Brunnens, wo über Delphinen,die Musik verlockt, der Triton ins Hornstößt. Ein Weg führt zum Schloß des MarcusSitticus, wo hellsprudelnde Brunnen gebändigtsind, zierliche Künste zu treiben. Dort wird er zuerstsehen, wie der leuchtende Gott den StümperMarsyas tötet, in steinerner Grotte wird Orpheusstehen, die Hand erhoben, bereit zum Spiel, dasden Weg zu den Toten bahnt, und eine Tür wirdaufspringen, und auf bunter Bühne, um den Baueines Hauses geschart, werden Werkleute, klopfendund hämmernd, ihr Tagwerk verrichten, dieBürger an ihr Handwerk gehen und vornehmeHerren aus den Fenstern grüßend sich neigen.Und mitten in den Lärm und die läch

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