Produced by Juliet Sutherland and Mike Pullen
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L'Arrabbiata (1)
{ed. (1) Die Eigensinnige }
Paul Heyse
Novelle (1853)
Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Über dem Vesuv lagerte einebreite graue Nebelschicht, die sich nach Neapel hinÜberdehnte und diekleinen Städte an jenem Küstenstrich verdunkelte. Das Meer lag still.An der Marine (2) aber, die unter dem hohen Sorrentiner Felsenuferin einer engen Bucht angelegt ist, rührten sich schon Fischer mitihren Weibern, die Kähne mit Netzen, die zum Fischen über Nachtdraußen gelegen hatten, an großen Tauen ans Land zu ziehen. Andererüsteten ihre Barken, richteten die Segel zu und schleppten Ruder undSegelstangen aus den großen vergitterten GewÖlben vor, die tief inden Felsen hineingebaut über Nacht das Schiffgerät bewahren. Man sahkeinen müßig gehen; denn auch die Alten, die keine Fahrt mehr machen,reihten sich in die große Kette derer ein, die an den Netzen zogen,und hie und da stand ein Mütterchen mit der Spindel auf einem derflachen Dächer, oder machte sich mit den Enkeln zu schaffen, währenddie Tochter dem Manne half.
{ed. (2) Küste }
Siehst du, Rachela, da ist unser Padre Curato, sagte eine Alte zueinem kleinen Ding von zehn Jahren, das neben ihr sein Spindelchenschwang. Eben steigt er ins Schiff. Der Antonino soll ihn nachCapri hinüberfahren. Maria Santissima, was sieht der ehrwürdige Herrnoch verschlafen aus!—Und damit winkte sie mit der Hand einemkleinen freundlichen Padre zu, der unten sich eben zurechtgesetzthatte in der Barke, nachdem er seinen schwarzen Rock sorgfältigaufgehoben und über die Holzbank gebreitet hatte. Die andern amStrand hielten mit der Arbeit ein, um ihren Pfarrer abfahren zu sehen,der nach rechts und links freundlich nickte und grüßte.
Warum muß er denn nach Capri, Großmutter? fragte das Kind. Haben die
Leute dort keinen Pfarrer, daß sie unsern borgen müssen?
Sei nicht so einfältig, sagte die Alte. Genug haben sie da und dieschönsten Kirchen und sogar einen Einsiedler, wie wir ihn nicht haben.Aber da ist eine vornehme Signora, die hat lange hier in Sorrentgewohnt und war sehr krank, daß der Padre oft zu ihr mußte mit demHochwürdigsten, wenn sie dachten, sie übersteht keine Nacht mehr.Nun, die heilige Jungfrau hat ihr beigestanden, daß sie wieder frischund gesund worden ist und hat alle Tage im Meere baden können. Alssie von hier fort ist, nach Capri hinüber, hat sie noch einen schönenHaufen Dukaten an die Kirche geschenkt und an das arme Volk, und hatnicht fort wollen, sagen sie, ehe der Padre nicht versprochen hat,sie drüben zu besuchen, daß sie ihm beichten kann. Denn es isterstaunlich, was sie auf ihn hält. Und wir können uns segnen, daßwir ihn zum Pfarrer haben, der Gaben hat wie ein Erzbischof und demdie hohen Herrschaften nachfragen. Die Madonna sei mit ihm!—Unddamit winkte sie zum Schiffchen hinunter, das eben abstoßen wollte.
Werden wir klares Wetter haben, mein Sohn? fragte der kleine Priesterund sah bedenklich nach Neapel hinüber.
Die Sonne ist noch nicht heraus, erwiderte der Bursch. Mit dembißchen Nebel wird sie schon fertig werden.
So fahr zu, daß wir vor der